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Die passende Digitalisierung für den Forst

Im Herbst werden in Lichtenau/Westfalen zum fünften Mal die DLG Waldtage stattfinden. Von 12.-14.September werden sich vor allem private Waldbesitzer über die neuesten Entwicklungen und Fortschritte in der Waldbewirtschaftung informieren. Dabei gilt das Hauptinteresse oft den Arbeitsmaschinen: Wie können wir Holz möglichst rationell ernten, oder – wenn wir es mit Schadflächen zu tun haben – wie kriegen wir möglichst schnell die Pflanzen in den Boden und den Zaun außenherum gebaut?

Doch eine stark wachsende Anzahl an Ausstellern bietet heute digitale Produkte an. Stellt sich die Frage: Für wen sind diese überhaupt von Nutzen? Erledigt sich die Arbeit wirklich schneller und besser damit? Sind Wald und Natur nicht auf der anderen Seite viel zu komplex, um das mit irgendwelchen Programmen abbilden zu können?

In der Digitalisierung liegt das größte Potenzial

Fragt man die Anbieter digitaler Lösungen hört man oft: nur mit EDV können wir in der Zukunft noch wesentliche Verbesserungen erreichen. Das lässt sich auch relativ schnell nachvollziehen: Beispielsweise haben nahezu alle Fragestellungen zur Forstwirtschaft etwas mit Verortung zu tun. Wo ist die Grenze des Grundstücks? Wo befinden sich die Käferbäume? Auf welchen Rückegassen darf die Maschine fahren?  Wo ist das Holzpolter für die Abfuhr? Wo soll der Zaun verlaufen? Wie viele Bäumchen wurden auf welcher Fläche gepflanzt für den Förderantrag? All diese Fragen lassen sich wesentlich besser mit digitalen Geoinformationssystemen beantworten als mit den altmodischen Papierkarten. Sollen zukünftig Ökosystemleistungen finanziell stärker honoriert werden, kommen weitere Themen hinzu: Wo stehen z.B. die Habitatbäume? Die Liste ließe sich nahezu beliebig verlängern.

Bis vor kurzem war die Erstellung von solchen elektronischen Kartenwerken noch mit einem hohen technischen Aufwand verbunden. Aber die Grundlagen, die man von den Vermessungsämtern kostenlos bekommt, sind mittlerweile sehr detailliert. Auch ist die Grunddigitalisierung der Waldflächen heute kein extrem hoher Aufwand mehr. Die Forsteinrichtung kann mit aktuellen Laserscansystemen sehr kostengünstig realisiert und somit die Basis für ein modernes Forstmanagementsystem gelegt werden. So kann man auf den DLG-Waldtagen gleich mehrere Anbieter von Apps finden, die auch schon für den Kleinprivatwald oder kleine Forstunternehmer mit nur wenigen Mitarbeitern interessant sind. Die eigenen Inhalte lassen sich ganz einfach mit dem Smartphone und dessen eingebautem GNSS-Empfänger erstellen oder ergänzen.
 

Flexible, tagesaktuelle Planung dank Smartphone & Co.

Je größer der Forstbetrieb wird, umso umfangreicher sind die notwendigen Entscheidungen. Das beginnt beim jährlichen Wirtschaftsplan und endet nicht bei der zehnjährigen Forsteinrichtung. Früher in ellenlangen Listen und dicken Büchern festgehalten, die schon nach kürzester Zeit nicht mehr aktuell waren, trägt die Digitalisierung hier ganz klar zur Rationalisierung bei. Da ist die Ebene einer App im Handy schnell verlassen. Auf die sogenannten Plattform-Managementsysteme können mehrere Leute synchron zugreifen. Aus der Planung heraus möchte der Waldbesitzer beispielsweise einen konkreten Arbeitsauftrag für den Unternehmer erstellen. Im Idealfall erfolgt die Holzaufnahme (oder Dokumentation einer anderen forstlichen Maßnahme) ebenfalls digital, kann direkt im System abgerechnet werden und die Ergebnisse koppeln sich zurück in die Planungsebene.

Schnittstellen und Verbindungsstellen

Spätestens wenn viele verschiedene Akteure bei solchen Abläufen zusammenspielen, ergibt sich die Notwendigkeit passender Schnittstellen und es tauchen Fragen zur Datenabgrenzung und Zugriffsrechten auf. In der Anfangszeit haben die Anbieter forstlicher Software häufig versucht, „alle“ Aspekte des Forstbetriebs in einem einzigen System abzubilden. Weil aber die Anforderungen der Kunden sehr individuell sind und kein Hersteller alles gleich gut abdecken kann, werden gemeinsame Datenstandards wie z.B. ELDATsmart für die Rundholzlogistik immer stärker ausgebaut und genutzt. Generell liegen in der Logistikkette ganz augenfällig gewaltige Rationalisierungspotenziale: Wenn der Harvesterfahrer weiß, wo der Förster die Bäume ausgezeichnet hat, spart er sich Suchfahrten.

Kennt der Forwarderpilot die Sortimente in den einzelnen Rückegassen, kann er seine Touren optimieren. Wenn schließlich die Geoposition der Holzpolter mit Stückzahl und Masse ohne große Systembrüche an den Holzkunden und den Frächter gehen, haben wir viel gewonnen. All das lässt sich heute mit vertretbarem Aufwand realisieren.

Die Effizienzsteigerungen sind hoch und nicht nur das. Effekte auf den Arbeitsplatz – verbesserte Ergonomie, den reduzierten Verbrauch von Betriebsstoffen (CO2) oder Bodenschutz durch Verringerung der Überfahrten durch Maschinen (Ökologie / Bodenschutz) sind gegeben und erhöhen die Akzeptanz für mechanisierte Maschinenverfahren.
 

Eine Frage der Präzision

Besondere Herausforderungen haben an dieser Stelle immer noch die forstlichen Zusammenschlüsse bzw. Unternehmer, die im Kleinprivatwald tätig sind. Doch die moderne Satellitentechnik ist mittlerweile so präzise, dass sich unmittelbar beim Einschlag jeder einzelne Baum einer bestimmten Flurnummer und damit seinem Besitzer zuordnen lässt. So werden Sammelhiebe wesentlich erleichtert.

Auch die Inventurmethoden werden immer feiner. Die Geodatenerfassung mit Korrektursignal ergibt zentimetergenaue Positionen und Laserscanner vermessen die Bäume dazu. Mit dem so entstandenen „digitalen Zwilling“ der Waldbestände lassen sich Modellierungen für die zukünftige Entwicklung berechnen. Das klingt abstrakt, bedeutet aber ganz konkret, dass sich zu erwartende Holznutzungen, oder aber mögliche Ausgleichszahlungen für die CO2-Speicherung in Abhängigkeit von der waldbaulichen Behandlung prognostizieren lassen.
 

Smarte Waldwirtschaft

Im täglichen Leben sind wir es gewohnt, dass wir uns mit immer mehr „smarter“ Technik umgeben, angefangen vom Mobiltelefon, das uns ganz selbstverständlich den schnellsten Weg durch die staugeplagte Großstadt weist, bis hin zum Schloss an der Haustüre, das uns zeigt, ob es wirklich der Nachbar ist, der da klingelt und den Hund füttern soll in unserer Abwesenheit. All das setzen wir ganz selbstverständlich ein, weil es uns das Leben erleichtert. In der Waldbewirtschaftung gibt es da häufig noch Berührungsängste.  Der Grund dafür gar nicht mehr so genau greifbar, denn der Nutzen ist in jedem Fall gegeben, egal ob es primär um eine kontinuierliche Holzproduktion, Klimaschutzmaßnahmen oder Biodiversitätsprojekte geht. Wir sollten uns auch in diesem Sektor mehr Digitalisierung zutrauen. Bezahlbar ist sie in jeden Fall heute schon.